Das Aerospike-Experiment: So schnell ist eine der komplexesten Geometrien fertig für den 3D-Druck

Es gibt neue Nachrichten rund um das Aerospike-Projekt von Josefine Lissner, Hyperganic Group und AMCM GmbH: Dem österreichischen Software-Hersteller CADS Additive gelingt die Vorbereitung der Druckdaten in rekordverdächtig kurzer Zeit.

Seit Januar 2023 liegt der erste „kleine Schritt für einen Menschen“ einen weiteren Schritt zurück. Er dauert gerade mal 8 Minuten, ermöglicht aber völlig neue Zeitdimensionen – sowohl in der Aerotechnik als auch in vielen anderen Fachgebieten. Wie das eben so ist mit den kleinen Schritten, die eine große Bedeutung für die Menschheit haben.

Wie alles begann: Die erste 3D-gedruckte Aerospike

Hyperganic und AMCM gelang im Mai 2022 mit dem Aerospike-Design von Josefine Lissner ein unfassbar großer Schritt für die Aerotechnik. Die Nachricht ihrer 3D-gedruckten Aerospike ging um die Welt. Als größter Raketenmotor dieser Art, der jemals erfolgreich in einem 3D-Drucker produziert wurde, wurde er schnell zum Manifest für eine neue Ära der Möglichkeiten in der Raumfahrttechnologie.

Und noch wichtiger: Er beweist, dass der Fortschritt komplexer, aus einem Stück gefertigter Metall-Bauteile nicht länger an der Produktion scheitert.

„Die Aerospike ist ein echtes Novum ihrer Art, da sie der erste und größte jemals 3D gedruckte Raketenmotor dieser Bauart ist, der vollständig mit Hilfe von Computercode und Algorithmen entworfen wurde – ohne manuell erstellte CAD-Zeichnungen. Das leutet den Beginn eines Paradigmenwechsels im Ingenieurwesen ein: Auf meinem Laptop kann ich etwa alle 30 Minuten eine neue Variante dieses Triebwerks erstellen, wobei die Komplexität der Geometrie zu vielen Gigabyte an Ausgabedaten führt, welche die meisten Softwarelösungen für 3D-Druck an ihre Grenzen stoßen lässt.“

Josefine Lissner, CEO und Gründerin sowie ehemalige strategische technische Leiterin bei Hyperganic Group

Höchstleistung der Ingenieure sowie Hard- und Software

Bis zu ihrer Fertigstellung hat die Aerospike die gleichen Prozessphasen durchlaufen wie jedes andere Bauteil aus dem 3D-Drucker – allerdings mit einigen Besonderheiten. Die Aerospike wurde mit innovativen Algorithmen völlig ohne manuell angefertigte CAD-Daten geplant. Eine Errungenschaft, die die Planungszeit höchstkomplexer Bauteile auf völlig neue, unglaublich kleine Dimensionen einschrumpft.

Für die Daten selbst galt das bislang jedoch nicht. Unzählige Windungen im Inneren des Bauteils sorgen dafür, dass die Aerospike in der Praxis genau so funktioniert, wie sie soll. Und genau das stellt die Hard- und Software vor Herausforderungen von galaktischem Ausmaß. Insbesondere die Vorbereitung der enormen Datenmengen verlangte dem Bauprozessor zeitintensive Höchstleistungen ab.

Bis der Software-Hersteller CADS Additive einen neuen Schritt ging.

Unzählige Windungen im Inneren – Die innovative Geometrie macht die Aerospike zu einer Herausforderung für den 3D-Druck dem sich CADS Additive mit Bravour stellte (Courtesy AMCM GmbH)

10 … 9 … 8 Minuten Vorbereitung für die größte 3D-gedruckte Aerospike der Welt

Auch CADS Additive war von der weltgrößten 3D-gedruckten Aerospike begeistert – und fühlte sich herausgefordert. Das komplexe Bauteil schien die ideale Aufgabe für ihren neuartigen Bauprozessor Titan.Core zu sein.

Denn Titan.Core basiert auf innovativen Algorithmen, die die Belastung des Arbeitsspeichers beim Slicen und Hatchen deutlich reduzieren. Dadurch gelingt die Vorbereitung der Druckdaten bis zu 30-mal schneller als mit anderen Bauprozessoren, selbst auf Standard-Workstations. Sogar die Simulation der Geometrien vor dem Druck ist dadurch schnell und effizient möglich, weswegen die Software-Komplettlösung AM-Studio von CADS Additive standardmäßig eine Finite Elemente Verzugssimulation enthält.

Aber gilt das auch bei Bauteilen, die so komplex sind wie die Aerospike? Wie lange würde Titan.Core für das Slicen und Hatchen ihrer Strukturen benötigen?

Ein Experiment, das auch Aerospike-Designerin Josefine Lissner neugierig machte. Sie stellte CADS Additive die Geometrien für den Versuch zur Verfügung.

Das Team des Software-Herstellers nutzte für die Datenvorbereitung eine Standard-Workstation mit bis zu 3,7 GHz und 64 GB RAM. Darauf slicte und hatchte der Bauprozessor die Daten mit beeindruckendem Ergebnis:

Nach gerade einmal 8 Minuten und 11 Sekunden war Titan.Core bereit, die Druckdaten an den 3D-Drucker zu übergeben. Der zur Verfügung stehende Arbeitsspeicher wurde dabei mit gerade mal 4 GB Belastung nicht annähernd ausgeschöpft.

„Die 3D-Druck Geometrien werden immer komplexer und die Bauräume der Maschinen größer. Damit die Datenvorbereitung und speziell das Slicen und Hatchen nicht ein untragbares Ausmaß annimmt, haben wir Titan.Core entwickelt. Als ich die Aerospike zum ersten Mal auf der Rapid + TCT 2022 in Detroit gesehen habe, dachte ich sofort daran, dass er genau der Typus von Bauteil ist, wofür wir den Titan.Core entwickelt haben. Die erzeugten Ergebnisse sprechen dafür, dass sich die Entwicklung gelohnt hat.“

Peter Leitner, Technology Specialist, CADS Additive

Eine Leistung, die auch Josefine Lissner beeindruckt. Die Kombination aus ihren Algorithmen für das CAD-Design und dem leistungsstarken Titan.Core Bauprozessor ermöglichen komplexeste Bauteile in Bruchteilen der bislang benötigten Zeit. So entstehen völlig neue Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Für die Aerotechnik und natürlich auch für alle anderen Branchen.

„CADS Additive hat mit ihrer neuartigen Slicing Technologie Titan.Core einen enormen Entwicklungssprung erreicht. Die Berechnung der ursprünglichen Geometrie der Aerospike in acht Minuten stellt eine Verbesserung um ein Vielfaches dar. Das spornt an und ebnet den Weg für neue, spannende Konstruktionen, die der Komplexität der Natur nahekommen. Wir müssen die Softwareleistung in der gesamten additiven Fertigungsindustrie drastisch erhöhen und ich sehe hier die richtigen Schritte.“

Josefine Lissner, CEO und Gründerin sowie ehemalige strategische technische Leiterin bei Hyperganic Group

Neue Möglichkeiten für Ingenieure und Designer: Komplexeste Bauteile auf Standard Hardware

Und genau das ist das Ziel von CADS Additive: Eine Software, die Entwicklern den Rücken freihält. Mit den Lösungen des österreichischen Software-Herstellers konzentrieren sich Designer und Ingenieure voll und ganz auf das Bauteil. Nicht auf die Software oder die Daten selbst.

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